Artlenburg
Bis heute erzählt man in Artlenburg von dem großen Feuer in der Nacht des 23. April 1821, als ein großer Teil des Dorfes ein Raub der Flammen wurde. 21 Bauernhöfe, die beiden Schulhäuser, das Pfarrwitwenhaus und die Anfang des 14. Jahrhunderts in gotischem Stil auf einer Warft errichtete Kirche brannten nieder.
Auf ihren Grundmauern entstand bei dem Wiederaufbau Artlenburgs die heutige Kirche. In Anlehnung an die Baukunst des klassischen Altertums setzte man auf einfache, klare Linien und schuf einen hellen, lichten Raum. Die Einrahmung von Altar und Kanzel durch Elemente eines griechischen Tempels entspricht diesem Stil.
Der Eingang wurde von der Ostseite wegverlegt, so dass – sehr ungewöhnlich für diese Region – ein quer orientiertes Kirchenschiff entstand mit zwei Eingängen an der Nordseite.
Der breite, wuchtige Turm der St. Nikolai-Kirche ist von weit her zu sehen und bildet das Wahrzeichen des Fleckens (was sich im Ortswappen niedergeschlagen hat). An seiner Frontseite trägt er die Jahreszahl 1833, ein Hinweis auf die Wiederherstellung des in Fachwerk gehaltenen Turmaufbaues. Der untere Teil besteht aus Resten eines vor ca. 1000 Jahren erbauten Wehrturmes. Seine Mauern – außen achteckig mit später angesetzten Stützpfeilern und innen rund und unbehauen – sind bis zu zwei Meter dick.
Als das massive Gemäuer errichtet wurde, war der Strom der Elbe, der heute durch Deiche gebändigt zu Tal zieht, noch in mehrere Arme geteilt, die sich durch die sumpfige Elbmarsch schlängelten.
Am Hauptarm der Elbe, "Erthene" genannt, gab es bei Artlenburg eine Furt zum Nordufer hinüber. Zwischen Magdeburg und Hamburg bot sie die günstigste Möglichkeit, den Strom zu queren. Hier baute der Markgraf und spätere Herzog Hermann Billung († 973) die Ertheneburg, um den Flussübergang gegen die Wenden zu sichern, die, von Osten kommend, südlich der Elbe eine neue Heimat für sich suchten. (Gegenüber am hohen Nordufer bei Schnakenbek finden sich übrigens auch Überreste einer "Ertheneburg".) Der Elbübergang bei Artlenburg markiert ferner einen Engpass auf der alten Salzstraße zwischen Lüneburg und Lübeck, dessen Sicherung sowohl politisch als auch wirtschaftlich von Bedeutung war.
Aus "Ertheneburg" wurde - der Schluss drängt sich auf - später "Artlenburg". Es lag nahe, die Kirche am Strom dem heiligen Nikolaus, dem Schutzpatron der Fischer, Schiffer und Fernkaufleute zu weihen. Im Verlauf der Jahrhunderte wurde die St. Nikolai-Kirche durch Feuer und Plünderungen in Mitleidenschaft gezogen, zuletzt durch Beschuss am Ende des Zweiten Weltkrieges. Spuren davon sind noch auf der Südseite des Turmes zu erkennen.
Das Kirchenschiff wurde am Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts renoviert. Dabei wurden die Kirchenbänke gegen Gestühl ausgetauscht. Eine weitere Renovierung fand in den 90er Jahren statt.
Die einmanualige Orgel, erbaut im Jahre 1975 von der Firma Becker, Kupfermühle, löste eine ältere romantische Orgel von der Firma Hammer, Arnum, ab.
Das Geläut der St. Nikolai-Kirche besteht aus drei Bronzeglocken. Die zwei größeren wurden im Jahr 1975 als Ersatz für zwei schadhafte Gusseisenglocken aufgehängt, die heute den Aufgang zur rechten Eingangstür der Kirche markieren. Sie weisen die Jahreszahl "1923" auf. Man nimmt an, dass ihre "Vorgänger" im 1. Weltkrieg eingeschmolzen wurden, das Schicksal vieler alter Glocken.
Sehenswert ist die geräumige Sakristei, wo auch der Aufgang zu der über dem Altar angebrachten Kanzel zu finden ist.
Die Artlenburger St. Nikolai-Kirche ist die Gemeindekirche für die Ortschaften Avendorf, Artlenburg und Hohnstorf, das seit 1988 über ein eigenes Gemeindehaus mit Glockenturm verfügt. Sie ist ganzjährig tagsüber geöffnet und lädt ein zu Stille, Besinnung und Gebet.
Von Lüneburg über Bardowick kommend, berührt der alte Pilgerweg der Elbe entlang Artlenburg. Er führt weiter nach Lauenburg und kann bis Lübeck zu Fuß beschritten werden. Eine andere Möglichkeit, den alten Pilgerweg entlang der Elbe zu begehen besteht über Lauenburg, Stipelse, Hitzacker, Dömitz, Lenzen, Havelberg, Stendal, Jerichow, Burg bis nach Magdeburg.