Kloster Lüne
Zufluchtstätte bedeutet der Name Lüne. Zunächst bezeichnete er die Burg auf dem Kalkberg. Seit dem zwölften Jahrhundert benutzte man ihn außerdem für eine Einsiedelei, die in den Wäldern nordöstlich von Lüneburg entstanden war. Aus der Klause erwuchs eine Kapelle, die 1157 eingeweiht wurde. Sie erhielt den Namen Jakobikapelle. Da sich unter den Reliquien, mit denen Bischof Hermann von Verden das hölzerne Gotteshaus ausstattete, ein Stück von der Kleidung des heiligen Bartholomäus befand, bürgerte sich mit der Zeit der Name Bartholomäuskapelle ein. Während eines Aufenthaltes in Verden stimmte Heinrich der Löwe 1171 dem Plan zu, in der Nähe Lüneburgs ein Klosters zu gründen. Bereits am 9. Januar 1172 bestätigte Hugo von Verden in einer Urkunde offiziell die vollzogene Gründung.
Oft im Verborgenen in einem Wald gelegen und von wundersamen Geschichten begleitet, werden Heilquellen durch die Geschichte in das Bewusstsein gerückt. Sie galten seit Urzeiten als Mittel zur Heilung von mancherlei Gebrechen. Die Beschaffenheit der Gewässer ist entsprechend dem geologischen Ursprung verschieden. Heilquellen aus Salz werden auch heute noch zur Behandlung von Atemwegserkrankungen verordnet. Als "Gesundbrunnen" (Gebhardi) kennt man Quellen mit reichem Gehalt an Mineralien, wie z.B. in Hessen die Gangolfsquelle, die den Frauen zur Fruchtbarkeit verhalf. Der Name erinnert an den burgundischen Edelmann aus dem 8. Jh., der ein Jahrhundert später als Märtyrer verehrt wird. Hrotsvith von Gandersheim widmete ihm die Passio SanctiGangolfi. Seit dem 10. Jh. verbreitet sich sein Kult in Europa als Patron der Pferde und Quellen. Im Bistum Bamberg ist es beispielsweise der Gumboldsbrunnen. Im Raum Lüneburg ist es der Gungelsbrunnen, zu dem Hundertev on Menschen pilgerten, um Heilung zu erfahren.
Eine Kapelle wurde vom Probst Graurock zu Lüne mit Unterstützung der Bevölkerung unweit des Klosters fertiggestellt und am Magdalenentag im Jahre 1486 in einer festlichen Prozession eingeweiht. Kurz danach entdeckte man die heilkräftige Quelle, für die sich der Name Gangolfbrunnen fand. Pilger und Pilgerinnen beschritten den Weg zwischen Lüne und Elbe, den von der Landstrasse nach Vrestorf führenden Pfad, und gelangte vorbei an Feldern in eine Niederung und nach kurzer Zeit zur Anhöhe neben der Landstrasse, wo sich die Quelle befand. Zu Ehren des Hl. Gangolphus und Joducus, durch den Zuspruch des Papstes Sixtus unterstützt, fanden Pilger, Pilgerinnen und Kranke ihren Weg zum Heiligtum. In einem überlieferten Gedicht heißt es:
... und alleWelt da meint zu sein
Ablass von Höllenangst und Pein
Hat untem am Berg sich sehn lahn.
Und weiter heißt es über den großen Zulauf zur Heilquelle:
Da sein gesattelt alle Pferd
und alle Wagen frischgeschmert.
Die regelmäßig wiederkehrenden Feiern werden ebenfalls erwähnt. Neben Rom fand in der Pilgerstadt Aachen seit 1238 die Heiltumschau alle sieben Jahre statt. Vierzehn Tage lang, eine Woche vor und eine Woche nach dem 17. Juli, trafen Pilger aus aller Welt auch aus der Elbregion in Aachen ein. Waren die Feierlichkeiten vorbei, kamen viele Menschen zu den kleinen Heiligtumsstätten gelaufen. Besonders aber zu ausgerufenen Jubeljahren kam ein großer Pilgerstrom:
Wenn nach verflossenem Hundertjahr
Ein Jubeljahr verordnet war
So lief die Welt in voller Eil,
auch oft wohl über vierhundert Meil,
gen Rom zum Papst und seinem Haufen.
In solchen Meng weit über Land
Nach diesem Brunn die Welt sich fand.
Ein jeder wollt der Erste sein
Und seine Seuch da waschen rein.... und alle Welt da meint zu sein
Ablass von Höllenangst und Pein
Hat untem am Berg sich sehn lahn.
Kupferstich von Wilhelm Schwan, 1647, Textquelle: Naturwissenschaftlicher Verein für das Fürstentum Lüneburg, Heft 2, 1866.